VII. Forum Kunst des Mittelalters
Licht: Kunst, Metaphysik und Naturwissenschaft im Mittelalter
Jena, 25. bis 28. September 2024
(Juliane von Fircks, Svea Janzen, Seminar für Kunstgeschichte und Filmwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena)
In zahlreichen Schöpfungsmythen steht das Licht am Anfang des Kosmos. Licht, Schönheit und das Gute gehörten im Mittelalter untrennbar zusammen. Dunkelheit, Hässlichkeit und das Böse bildeten den Gegenpol dazu. Der Grad der Vollkommenheit von Natur, Menschen und Dingen ließ sich an ihrer Schönheit bemessen, die wesentlich durch Helligkeit, Glanz und Leuchtkraft bestimmt war. Diese Vorstellung galt für Byzanz ebenso wie für den christlichen Westen, das Judentum und den Islam. Ihre Erfahrbarmachung und Vermittlung bildeten im Mittelalter eine grundlegende Leistung nicht nur der sakralen Kunst, sondern prägte auch die weltlich-höfische Kultur. Unter dem Themenschwerpunkt Licht widmet sich das 7. Forum Kunst des Mittelalters (Jena, 25.-28. September 2024) den facettenreichen Zusammenhängen zwischen Kunst, Metaphysik und Naturwissenschaft im Mittelalter.
Indem die Künstler die auf das Licht bezogenen Eigenschaften der Materialien – Transparenz und Reflektionsfähigkeit – zur Geltung brachten, verliehen sie dem Kunstwerk eine ästhetische Qualität, die über das Schöne hinaus auf das Göttliche als den Ursprung aller Dinge verwies. Fragen nach dem Verhältnis von leuchtendem bzw. das Licht reflektierendem Material (Gold, Silber, Edelsteine, Alabaster, Bronze, Elfenbein, Seide) und funktionsbestimmter Formgebung sowie nach dem Zusammenhang von Material, Licht und Aura sind im Mittelalter von kultur- und gattungsübergreifender Tragweite. Standen Objekte aus Bergkristall zwischen Ost und West zuletzt mehrfach im Fokus von Ausstellungen und wissenschaftlichen Untersuchungen, so eröffnet auch das Glas als durchscheinendes Material par excellence Fragestellungen zwischen den Kulturen, die von der Bedeutung des Materials als Edelsteinersatz über die Bandbreite allegorischer Ausdeutung, bis hin zur Funktion bei der Sichtbarmachung des Heiligen reichen.
In der Architektur kann das Thema der künstlerischen Arbeit mit dem Licht ebenso anhand von Kathedrale, Burg und Palast durchgespielt werden wie im Hinblick auf Moschee, Madrasa oder Synagoge. Als Gegenstand der Untersuchung bieten sich unter anderem das Verhältnis von Licht und gebautem Raum, die Rolle des Lichts in der Gestaltung von Fassaden, Mauerdurchbrüchen und Fenstern oder auch die Funktion von dunklen, fensterlosen Räumen bei der Inszenierung des Heiligen an.
Kaum untersucht sind bislang lichtspendende Objekte wie Kerzen, Leuchter und Lampen jedweder Art, die dazu dienten, bedeutungsvolle Orte zu markieren oder herausgehobene Personen und rituelle Handlungen zu inszenieren. Fragen nach Beleuchtung und Lichtregie bei Messen, Krönungen oder Begräbnissen ebenso wie nach Lichtern in Bewegung etwa bei Prozessionen und festlichen Einzügen könnten dazu beitragen, das performative Potential des Lichts im Mittelalter präziser zu erfassen.
In Enzyklopädien, Diagrammen und Kalendern hat sich die westliche Kunst des Mittelalters auf vielfältige Weise mit dem Zusammenhang von Licht, Kosmos und Mensch auseinandergesetzt. Ab dem 13. Jahrhundert prägen die rationale Ergründung von Licht und die aus der arabischen Welt importierten optischen Kenntnisse zunehmend die mittelalterliche Kunst, und vertiefte Kenntnisse des menschlichen Sehens beeinflussen Perspektive und Lichtdarstellung in der Kunst des ausgehenden Mittelalters.
Maler und Bildhauer widmen sich nun der Erkundung und Darstellung von Lichtphänomenen. Es bleibt spannend zu untersuchen, wie Malerei und Skulptur verändert auf die Lichtverhältnisse an ihrem Aufstellungsort reagieren, wie sich die theologische und die ästhetische Aussagekraft von Goldgrund bzw. Vergoldung verbinden und wie die malerische Darstellung von Licht zwischen Gottesmetapher und profanem Oberflächenglanz oszilliert.
Das Thema Licht und Naturwissenschaft schlägt schließlich auch eine Brücke zu den strahlenbasierten, technologischen Untersuchungsmethoden der Gegenwart wie Röntgenfluoroskopie, UV oder Infrarotreflektographie, die den Entstehungsprozess eines Kunstwerks sichtbar werden lassen.
Weitere und anders gelagerte grenzüberschreitende Fragestellungen zum Licht sind selbstverständlich willkommen. Wir möchten hiermit auch jüngere Forscher/-innen in der Qualifikationsphase ausdrücklich ermutigen, sich um die Leitung einer Sektion zu bewerben.
Einreichung
Vorschläge für Sektionen im Umfang von max. 350 Wörtern (zzgl. Kontaktdaten)
können bis zum 15. Juni 2023 eingereicht werden unter .
Die Auswahl der Sektionen erfolgt im Juli 2023. Im September werden die Calls for Papers für alle Sektionen verschickt. Pro Sektion sind eine leitende Person und max. drei Redner/-innen vorgesehen.